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Einstellung der Arbeiten trotz Anweisung des Auftraggebers ist hoch riskant

Donnerstag, 15.08.2024 | Person: Dr. Jörn Rosenkaymer

Auch wenn der Auftragnehmer mehrfach schriftlich Bedenken gegen die vom Auftraggeber vorgesehene Art der Ausführung mitgeteilt hat, darf er Leistung nicht verweigern, wenn der Auftraggeber ihn ausdrücklich angewiesen hat, mit den Arbeiten zu beginnen und außerdem erklärt hat, das damit verbundene Risiko zu übernehmen.

In diesem Fall des BGH, Urteil vom 01.02.2024, VII ZR 171/22 hatte der Bodenleger die Aufnahme der Arbeiten verweigert mit dem Hinweis, der Estrich sei noch zu feucht, um den Belag ordnungsgemäß und dauerhaft mangelfrei zu verlegen. Der Auftraggeber hatte ihn angewiesen, den Belag dennoch sogleich aufzubringen. Trotz wiederholter Aufforderung, Fristsetzung und Kündigungsandrohung wurde der Bodenleger nicht tätig. Daraufhin kündigte der Auftraggeber.

Der Bundesgerichtshof hat die Kündigung für berechtigt gehalten, da ein Haftungsrisiko für den Bodenleger nicht mehr bestand haben, nachdem er seine Bedenken angemeldet, der Auftraggeber sich diesen verschlossen und sogar ausdrücklich erklärt habe, das Risiko zu übernehmen.

Derartiges gilt selbstverständlich nicht, wenn der Auftragnehmer mit der angeordneten Ausführung gegen zwingende gesetzliche Vorschriften (z.B. Brandschutz!) verstoßen würde oder gar gegen Normen, bei denen der Verstoß mit Strafe oder Bußgeld bedroht ist. Ebenso gilt das nicht, wenn mit der angeordneten Ausführung Gefahren für Leib und Leben verbunden wären oder für sonstige Rechtsgüter dritter Personen. Ebenso gilt das dann nicht, wenn der Auftragnehmer mit der Ausführung seinen Versicherungsschutz gefährden würde, indem er trotz besserer Kenntnis – mithin vorsätzlich – einen Schaden herbeiführte. All das kam im vorliegenden Fall allerdings nicht in Betracht, insbesondere drohte dem Auftragnehmer kein Verlust seines Versicherungsschutzes. Denn es kam ja nur ein Schaden am Bodenbelag selbst in Betracht, nicht aber ein Folgeschaden. Nur Folgeschäden werden aber von der Haftpflichtversicherung abgedeckt.

Im Übrigen stellt sich die Frage, ob der Auftragnehmer auch dann zur Ausführung verpflichtete gewesen wäre, wenn der Auftraggeber das Risiko nicht durch ausdrückliche Erklärung übernommen hätte. Mir scheint eine Verpflichtung des Auftragnehmers in diesem Fall zweifelhaft. Denn der Auftragnehmer riskiert dann ja, vom Auftraggeber später doch noch in Anspruch genommen zu werden mit der Begründung, die vom Auftragnehmer ausgebrachten Bedenkenhinweise seien nicht ausreichend gewesen. Der Auftragnehmer müsse sich dann auf eine gerichtliche Auseinandersetzung mit ungewissem Ausgang einlassen, ist doch kaum einmal im Einzelfall sicher vorherzusagen, ob die mit der Sache befassten Gerichte einen ausgebrachten Bedenkenhinweis für hinreichend deutlich und konkret halten werden.

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