Dienstag, 07.02.2017

Haftung bei der Setzung von Deep-Links und Framing auf Homepages

Das Einbinden von Links auf die eigene Homepage, die sodann auf fremde, von Dritten betriebene Websites weiterleitet, ist ein wichtiges Instrument der Informationsweitergabe im Internet. Wie bereits der Begriff Internet nahelegt besteht eine vernetzte Struktur, die eine zügige Weitergabe von Informationen und auch die Erlangung neuer Informationen gerade dadurch ermöglicht, dass die Informationen und diejenigen, die diese Informationen vorhalten, in vielfältiger Weise vernetzt sind.
 
Das Setzen von Links oder die Einbindung des sogenannten Framing in den eigenen Internetauftritt birgt allerdings nicht unerhebliche Haftungsrisiken, da sich in vielen Fällen der den Link Setzende keinerlei Gedanken darüber macht, ob der Inhalt, auf den er Bezug nimmt gegebenenfalls auf rechtswidrige, oftmals urheberrechtswidrige Weise in das Netz eingestellt worden ist und somit der Urheber nicht nur gegen den ursprünglichen Täter, sondern auch gegen denjenigen, der auf den rechtsverletzenden Inhalt verweist, nicht nur Unterlassungs-, sondern auch Schadensersatzansprüche geltend machen kann.
 
Um zu verstehen, welche Maßnahmen Haftungsrisiken bergen und warum, ist es zunächst notwendig nachzuvollziehen, was sich hinter den verschiedenen Begriffen verbirgt. Unter einem sogenannten Deeplink versteht man einen elektronischen Querverweis auf das Internetangebot eines Dritten, welcher jedoch anders als ein normaler Verweis (Link) nicht auf die Homepage eines Dritten selbst, sondern unmittelbar auf ein in dieser tieferliegendes Angebot zugreift und gegebenenfalls vorgeschaltete Informationen, Werbung etc., die bei einem normalen Zugang über die Hauptseite zur Verfügung gestellt wird, ausblendet. Beim sogenannten Framing werden die Inhalte einer mit einem Querverweis verbundenen Internetseite eines Dritten in einem Rahmen (Fenster) dargestellt, so dass mitunter der Betrachter nicht oder nur schwer erkennt, dass es sich hierbei um Inhalte einer anderen, fremden Seite handelt. Oftmals werden über das sogenannte Framing z.B. Videos über Internetplattformen wie YouTube in andere Seiten eingebunden. Dies kann auch unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten kritisch sein, nämlich dann, wenn der Nutzer bzw. Betrachter der Homepage in dem Eindruck gelassen wird, es handele sich bei den im Rahmen des Frames abgespielten Inhalten um solche des Seitenbetreibers selbst.
 
Hinsichtlich des Urheberrechtsschutzes von Werken, die der Berechtigte selbst im Internet ohne technische Schutzmaßnahmen zugänglich macht, hat der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2003 im sogenannten „Paperboy-Urteil“ entschieden, dass das Setzen eines solchen Hyperlinks, d.h. auf die Unterseite eines Internetauftritts, nicht in das Vervielfältigungsrecht an diesem Werk eingreift. Der Zugang zu diesem geschützten Werk werde insoweit durch das Setzen eines Hyperlinks auf einer Drittseite lediglich erleichtert. Anders sollte dies nach dem sogenannten „Session-ID-Urteil“ des Bundesgerichtshofes nur dann sein, wenn der Dritte, der den Link setzt, technische Sicherungsmaßnahmen außer Kraft setzt, durch die sichergestellt werden sollte, dass die Seite auf der sich das urheberrechtlich geschützte Material befindet, nur auf bestimmtem Wege zugänglich ist. Setzt ein Dritter nun einen solchen Deeplink, der diesen Weg des Zugriffes umgeht, so greift der Linkverwender nach Auffassung des BGH in jedem Fall in das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Werkes gemäß § 19 a Urhebergesetz ein, was nicht nur Unterlassungs- sondern auch Schadensersatzansprüche auslösen kann.
 
Nachdem es eine Reihe von Rechtsprechungen zu der Frage gab, ob das Verlinken oder Framing von durch den Berechtigten ins Internet gestellten Inhalten gegebenenfalls eine Urheberrechtsverletzung darstellen kann, war lange Zeit die Frage nicht geklärt, wie es urheberrechtlich zu beurteilen ist, wenn auf solche Inhalte verlinkt wurde, die rechtswidrig in das Internet gelangt sind, d.h. wenn der Urheberrechtsinhaber seine Einwilligung zur Veröffentlichung insoweit nicht erteilt hatte.
 
Im September 2016 hat diese Frage der Europäische Gerichtshof erstmals entschieden und mit der von ihm getroffenen Entscheidung die Erwartung vieler Seitenbetreiber enttäuscht. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die Verlinkung auf rechtswidrig zugänglich gemachte Werke dann eine in die Rechte des Urhebers eingreifende „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Info Soc-RL ist, wenn derjenige, der den Link setzt die Rechtswidrigkeit der Erstzugänglichmachung, d.h. der Veröffentlichung, kannte oder kennen musste. Soweit so gut für den Verlinkenden möchte man denken. Die Frage, ob eine öffentliche Wiedergabe im Sinne der Richtlinie gegeben ist beantwortete der Europäische Gerichtshof allerdings unter Zugrundelegung eines weiteren, subjektiven Kriteriums, nämlich der Frage, ob derjenige, der den Link einstellt eine Gewinnerzielungsabsicht hiermit verfolgt oder nicht. An die Gewinnerzielungsabsicht wird sodann eine widerlegliche Vermutung hinsichtlich der Kenntnis der Rechtswidrigkeit geknüpft. Eine tatbestandsmäßige Wiedergabehandlung soll nur dann bestehen, wenn der Linksetzer in voller Kenntnis seines Tuns handelt. Die volle Kenntnis des Tuns liegt im Allgemeinen nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes nicht vor, wenn der Linksetzende ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt. Anderes soll nur dann gelten, wenn erwiesen wird, dass der Linksetzer Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Linkquelle hatte oder haben musste. D.h., dass eine widerlegliche positive Vermutung dafür besteht, dass der ohne Gewinnerzielungsabsicht Handelnde keine Kenntnis von der Rechtswidrigkeit hatte und insoweit als Betreiber einer Drittseite nicht auf Schadensersatz haftet.
 
Handelt hingegen ein Seitenbetreiber mit Gewinnerzielungsabsicht – dieses Kriterium ist traditionell nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes weit auszulegen – besteht hingegen die widerlegliche Vermutung, dass er den bestehenden Urheberschutz und das Fehlen der Zustimmung des Rechteinhabers gekannt hat. Das heißt im Umkehrschluss, dass nunmehr der mit Gewinnerzielungsabsicht Handelnde den Beweis dafür erbringen muss, dass er die erforderlichen Nachprüfungen durchgeführt hat um sich zu versichern, dass eine Rechtsverletzung durch die Verlinkung nicht begangen wird bzw. die Inhalte rechtmäßig zur Verfügung gestellt wurden. Dass sich dieser Nachweis schwierig gestaltet liegt in der Natur der Sache: Letztlich ist es für einen Verwender eines solchen Links äußerst schwierig endgültig festzustellen, ob tatsächlich alle Rechteinhaber der Veröffentlichung zugestimmt haben.
 
Hieraus ergibt sich ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko für den Fall, dass derartige Links in Gewinnerzielungsabsicht auf einer Homepage vorgehalten werden. Zwar kann der Linksetzer den Nachweis antreten, dass er von der fehlenden Zustimmung des Rechteinhabers keine Kenntnis hatte, die damit einhergehenden Schwierigkeiten des Beweises einer negativen Tatsache trägt dann jedoch der Unternehmer selbst.
 
Im Dezember letzten Jahres hat mit dem – in Urheberrechtsfragen ohnehin strengen – Landgericht Hamburg nunmehr das erste deutsche Gericht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes aufgegriffen und entschieden, dass auch die bloße Verlinkung auf eine nicht lizenzierte Fotografie eine eigene Urheberrechtsverletzung darstellen kann. Dies soll im durch das Landgericht Hamburg entschiedenen Fall insbesondere dann gelten, wenn der Webseitenbetreiber mit Gewinnerzielungsabsicht handelt. Das Landgericht Hamburg hat insoweit sogar entschieden, dass es hinsichtlich dieser Gewinnerzielungsabsicht nicht auf eine solche bezüglich des konkreten Links ankomme, sondern es ausreiche, wenn die verlinkte Website insgesamt in Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird.
 
Die Konsequenzen aus diesen beiden Entscheidungen müssen daher sein, dass sich der Webseitenbetreiber zum einen in nachweisbarer und dokumentierter Form darüber zu informieren bemüht, ob die Inhalte, auf die er selbst verlinkt auf rechtmäßige Weise veröffentlicht wurden, d.h. ob der Rechteinhaber seine Zustimmung hierzu erteilt hat oder nicht. Wenn eine verbindliche Erklärung des Rechteinhabers selbst nicht erlangt werden kann macht es gegebenenfalls Sinn, mit dem Betreiber der Seite, auf die verlinkt wird eine Freistellungsvereinbarung dergestalt zu schließen, dass im Falle einer Inanspruchnahme dieser die dadurch entstehenden Kosten zu tragen hat. Ob sich ein Webseitenbetreiber auf eine solche Vereinbarung einlässt, mag indes fraglich sein.